Unsere Schulgartenbotschafter*innen
Cem Özdemir
Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft
Wie kann man Kindern Freude machen? Indem man ihnen auf Augenhöhe begegnet und sie sinnvoll in alltägliche Aufgaben einbindet. Das stärkt nicht nur ihr Selbstvertrauen, sondern ermöglicht ihnen auch, spielerisch Neues zu lernen. Genau deshalb sind Schulgärten so wichtig.
Ich hatte das Glück, als Kind viel draußen in der Natur zu sein. Trotzdem wäre es toll gewesen, mit Schulfreunden in der Erde zu buddeln, Gemüsebeete zu pflegen – und zu sehen, wie aus einem selbst gepflanzten Samen leckeres Gemüse wächst. Diese Erfahrung kann auch helfen, besser zu verstehen, wie viel Arbeit, Wissen und natürliche Ressourcen nötig sind, bis frisches und leckeres Essen auf unseren Tellern landet.
Und genau dieses Verständnis wird immer wichtiger. Denn gemeinsam stehen wir vor der Herausforderung, eine wachsende Weltbevölkerung zu ernähren und dabei eine Welt zu hinterlassen, die auch für künftige Generationen noch lebenswert ist. Wir werden unseren Umgang mit Lebensmitteln verändern − von der Erzeugung über den Einkauf bis hin zur Frage, was wir essen. Deshalb können wir gar nicht früh genug damit beginnen, Kindern und Jugendlichen den Wert von Natur, Nachhaltigkeit und frischen Lebensmitteln zu vermitteln.
Prof. Dr. Klaus Töpfer, heute am 11.06.2024 erhielten wir die Nachricht. Wir trauern um ihn.
Politiker, engagiert in Sachen nachhaltiger Entwicklung, vielfacher Preisträger, Autor
Schulgärten im digitalen Zeitalter? In der Zeit, in der Schülerinnen und Schüler mehr über das iPad gebeugt sitzen, in dem sie virtuelle Welten entwerfen und sie nachzuvollziehen versuchen - in diese Zeit hinein: Schulgärten?
Sicherlich ist für mich der Schulgarten ein Stück Erinnerung. Erinnerung an die Zeit, in der ich in Höxter an der Weser das Gymnasium besuchte, wo ich einen für die damalige Zeit geradezu visionären Biologielehrer hatte. Herr Preiwisch war ein Missionar der Natur. Natürlich hatte er von seinem Vorgänger einen "Schulgarten" übernommen. Ein Schulgarten der Prägung: Hier wird gelernt! Sicherlich sehr bemüht, sicherlich für die damalige Zeit bereits ein Schritt nach vorn.
Und dann kam Preiwisch! Er öffnete diesen Schulgarten, er machte ihn zu Natur. Er ließ uns über diesen Schulgarten hinweg Natur in der Umgebung der Stadt verstehen und zu einem gewissen Maß respektieren, ja lieben lernen. Der Schulgarten: er war die Öffnung in die Breite der Welt hinein. Sicherlich damals weniger verstanden als gefühlt. Bis heute fahre ich an diesem "Preiwischs Tümpel" vorbei - ein wunderschönes Feuchtgebiet, in dem wir Vielfalt lernten und sie aus dem Garten heraus zu respektieren wussten.
Also Nostalgie und Perspektive: Deswegen brauchen wir Schulgärten.
Heike Boomgarden
Autorin, Moderatorin und Pflanzenexpertin
Wir bewegen uns in einer Welt, die von vielen Vorgaben lebt, die wir als Gesellschaft den Kindern mitgeben. Natur, besonders der Garten als kleines Stück davon, lädt Kinder ein das Leben aus einer anderen, seiner, Perspektive zu sehen und Verantwortlichkeit und Fürsorge für seine Welt zu übernehmen. Der Umgang mit Erde und Pflanzen ist der Beginn einer spannenden und erlebnisreichen Reise zu einer sinnstiftenden Tätigkeit, welche Kinder die Inhalte des Unterrichts "begreifen" lassen. Schulgärten machen Kinder stark, durch Bewegung, Verantwortung, Freude und Lebensweisheit und helfen im Vorfeld viele Probleme dieser Gesellschaft zu transformieren.
Ihre Heike Boomgaarden
Ich wünsche mir, dass jede Schule in Deutschland einen Schulgarten, besser noch einen eigenen Bauernhof bekommt, nicht nur einen zum Angucken und Staunen, sondern als regelmäßigen außerschulischen Lernort. Und zum Mitmachen. Und für die Versorgung der Schulkantine. Lehrer und Kinder würden gemeinsam mit der Bauernfamilie besprechen, was angebaut werden soll. Ihr wollt Pommes? Dann müsst ihr Kartoffeln anbauen. Ihr wollt Joghurt? Dann brauchen wir Kühe! Ihr wollt Erdbeeren? Dann müsst ihr bis zum Sommer warten! Im Winter kochen wir mit Möhren und Rüben. Kommt und helft!
Ich weiß, das wäre ziemlich teuer - aber es wäre ein Gewinn für alle. Die Kinder - und Lehrer - würden lernen, was regional und saisonal bedeutet. Sie würden erleben, was es für ein Wunder das ist, wenn Lebensmittel aus der Erde wachsen - aber auch, wie viel Arbeit das macht. Sie könnten gestalten und hätten Verantwortung. Was für eine Freude für die Kinder der Helikopter-Eltern-Generation!
Dr. Donata Elschenbroich
Pädagogin, Autorin und Filmemacherin
Seit einigen Jahren arbeite ich als Volunteer in Projekten mit "lokalen Entwicklungshelfern" in ländlichen Regionen von Entwicklungsländern. Krankenschwestern, Tierpfleger, Pfarrer, Sozialarbeiterinnen - sie alle haben viel Erfahrung mit den "nutrition gardens" in ihren Kindergärten, Waisenhäusern, Schulen. Oft war ich überrascht vom hohen Niveau mit dem dort "Bildung für nachhaltige Entwicklung" betrieben wird. Dann habe ich mich ein bisschen geschämt: hätte ich das den Kindern und den Pädagogen in Westbengalen oder in Malawi nicht zugetraut? Also Schulgartenpartnerschaften! Schulgärten als Orte fürs "Global learning". Unsere Kinder werden so lebendig in den persönlichen und den sachlichen Austausch einsteigen wie die Gleichaltrigen in Sri Lanka und in Ghana. Bilder austauschen vom Pflanzen und Ernten, und Samen, und Beobachtungen zum Klimawandel... Die Kontakte vermittle ich gern.